Yogalehrer zu werden ist nicht schwer. Ist die Entscheidung gefallen findet sich mit etwas Glück die passende Ausbildung im Dschungel unterschiedlicher Angebote von Lehren, Stilen und Schulen. Um als Yogalehrer wirtschaftlich erfolgreich zu sein, braucht man aber noch mehr als man in den meisten Ausbildungen lernt: Ein Gespür für die Bedürfnisse seiner Schüler, eine positive Vision und eine klare Antwort auf die Frage, was einen selber als Lehrer auszeichnet.
Keine Frage, Yoga wächst! Es gibt spezielle Angebote für Senioren, Schwangere, Frauen, Männer und Kinder. Kurse werden nicht nur in Yoga- und Fitness-Studios, sondern auch in Volkshochschulen, Tanzstudios, Bildungsstätten etc. angeboten. Für alle Yogis und Interessierten ist das zunehmende Yogaangebot ein großes Geschenk.
Alle Yogalehrer und künftigen Yogalehrer unter uns stellt es vor eine neue Herausforderung: Wie gehe ich mit vermeintlicher „Konkurrenz“ um? Daraus ergeben sich allerlei praktische Fragen: Was tun, wenn alle Kurse in einem Yoga- oder Fitness- Studio bereits an andere Lehrer vergeben sind? Lohnt es sich ein neues Studio in meiner Stadt aufzumachen, wenn es bereits mehrere Studios gibt? Und vor allen Dingen: Reichen künftige Einnahmen aus, um davon leben zu können?
Positionierung anstelle von Konkurrenzdenken
Es ist wichtig, sich solche Fragen zu stellen. Insbesondere bevor man für eine Selbstständigkeit als Yogalehrer vielleicht einen anderen sicheren Job aufgibt. Ängste haben einen realen Kern, da es ja um unsere wirtschaftliche Existenz geht. Allerdings greift eine Betrachtungsweise, die andere Lehrer und Studios nur als Konkurrenz und Bedrohung ansieht, zu kurz. Wer sich gedanklich in ein Schneckenhaus verkriecht, blendet wichtige Aspekte der Realität aus, die über Erfolg und Misserfolg entscheiden.
Jeder Mensch und jeder Lehrer ist einzigartig und wird seine ganz eigene Schülerschaft finden. Hinter unserer Angst vor der anonymen Konkurrenz steht die Furcht austauschbar zu sein. Doch diese anonymen Wettbewerber gibt es nicht, sondern nur konkrete Menschen mit ihren eigenen Stärken und Schwächen. Wir brauchen uns im Vergleich mit Anderen nicht gedanklich klein zu machen. Stattdessen kann uns der Blick über den eigenen Tellerrand zu mehr Selbstbewusstsein verhelfen, wenn wir wahrnehmen, was uns positiv von anderen unterscheidet.
Sind wir uns unserer eigenen Stärken bewusst und wissen wir, was uns als Lehrer auszeichnet, brauchen wir keine Angst vor der Konkurrenz zu haben. Als nächsten Schritt können wir unser Alleinstellungsmerkmal dann selbstbewusst (über Webseite, Flyer etc.) nach außen kommunizieren. Diesen Prozess bezeichnet man im Marketing als „Positionierung“. Um uns aus einer Masse von Anbietern herauszuheben, besetzen wir erfolgreich eine Marktnische für uns, in der wir führend sind.
Wer sich gut positioniert, hat die besten Chancen, mit dem was er gerne tut, auch wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Dieser Prozess lohnt sich daher unabhängig davon, ob du schon lange Yogalehrer bist oder gerade erst mit dem Gedanken spielst, dich selbstständig zu machen. Mit folgenden Fragen gewinnst du Klarheit darüber, wer du bist, was du willst und wie du dies am besten erreichen kannst.
1. Warum möchte ich unterrichten?
Das ist eine scheinbar simple Frage. Sie zu stellen und damit der eigenen Motivation auf den Grund zu gehen, ist sehr kraftvoll. Eine solche Begründung oder Aufgabe hilft dir, dir über die Richtung deiner eigenen Arbeit klar zu werden. Die Antworten können sich im Laufe der Zeit ändern, genauso wie sich die eigene Praxis, eigene Vorstellungen und Überzeugungen verändern. In der Wirtschaft spricht man vom sogenannten „Mission Statement“, das ist eine kurze Selbstbeschreibung, warum ich Lehrer bin und was ich gerne bei meinen Schülern erreichen möchte. Auf meinem eigenen Yogaweg haben mich die Menschen am tiefsten beeindruckt, bei denen ich spüren konnte, dass sie eine solche Mission oder Vision von ihrer eigenen Arbeit vor Augen hatten. Auf jeden Fall zeigt die Beschäftigung mit der Frage, dass das Unterrichten von Yoga für dich mehr als eine zufällige Laune oder bloßes Mittel zum Geldverdienen sind.
2. Was sind meine Stärken als Lehrer?
Als nächsten Schritt trage all das zusammen, was dich als Lehrer auszeichnet. Das können fachliche Qualifikationen (eine Yogalehrer-Ausbildung, Berufsausbildung, Weiterbildungen etc.) sein. Mindestens ebenso wichtig ist aber auch die Persönlichkeit. Dazu zählen Charaktereigenschaften, Vorlieben und sogar äußerliche Merkmale. Frage dich beispielsweise: Was schätzen deine Schüler an deinem Unterricht? Was kannst du anderen Menschen besonders gut vermitteln? Was magst du an deinem Aussehen und deiner Persönlichkeit? Schreib alles auf, was dir einfällt. Neben dem Brainstorming kann auch ein ehrliches Gespräch mit Freunden oder Schülern hilfreich sein, neue positive Eigenschaften an dir zu erkennen.
3. Wen möchte ich unterrichten?
Ein Yogakurs auf dem Land wird sich von einem in einem hippen Studio in einer Großstadt unterscheiden - ebenso ein Anfängerkurs von einem Fortgeschrittenen Kurs, Yoga in einem Unternehmen von Yoga in einem Fitness-Studio usw. Wer ist deine Zielgruppe? Je genauer du deinen Schülerkreis eingrenzen kannst, desto besser kannst du auf die Bedürfnisse jedes Einzelnen eingehen. Als ich begonnen habe zu unterrichten, machte ich oft die Erfahrung, dass ein Konzept, was ich mir für eine bestimmte Stunde überlegt hatte, für die anwesenden Schüler einfach nicht passte. Anstatt zu denken, was möchte ich selber am liebsten unterrichten, frage dich: Wie kann ich meinen jeweiligen Schülern am besten dienen?
4. Was ist mein Alleinstellungsmerkmal?
Nachdem du Klarheit über deine Aufgabe als Lehrer, deine eigene Stärken und deine Zielgruppe gewonnen hast frage dich: Welchen Vorteil hat einer Schüler, wenn er einen Kurs bei dir besucht? Was kannst du deiner Zielgruppe bieten, was sie bei anderen Lehrern nicht finden. In der Wirtschaft wird solch ein Alleinstellungsmerkmal auch als Unique Selling Proposition (USP) bezeichnet. Vielleicht bietest du einen neuartigen Yogastil an, den es bisher noch nicht gab. Dein Unterricht ist vielleicht besonders witzig oder du schaffst es komplizierte Asanas auf sehr plastische und anschauliche Weise zu erklären.
In diesem Zusammenhang macht es Sinn sich von der liebgewonnen Bauchladen- Strategie zu verabschieden: Viele Freiberufler glauben nach Peter Sawtschenko möglichst erfolgreich sein zu können, indem sie viele unterschiedliche Dienstleistungen anbieten wollen und unterschiedliche Zielgruppen ansprechen wollen. Was auf den ersten Blick Sicherheit verspricht, ist ein Irrglaube. Denn Menschen suchen in der Regel das jeweils beste Angebot und nicht jemand, der alles ein bißchen macht. Wenn wir gut essen gehen wollen, entscheiden wir uns entweder für unseren Lieblingsitaliener oder Thailänder oder wo auch immer. Wir werden aber kaum beim Lieferservice bestellen, der gleichzeitig Italienisches, thailändisches, chinesisches und mexikanisches Essen auf der Speisekarte hat.
Genauso unglaubwürdig wäre ein Studio, das gleichzeitig Ashtanga, Hatha und Kundalini Yoga anbietet – am besten noch von ein und demselben Lehrer. Sich ein Alleinstellungsmerkmal zu geben, erfordert Mut. Wir entscheiden uns, wofür wir gerne stehen wollen. Das kann wie gesagt ein bestimmter Yogastil sein, eine Eigenschaft als Lehrer oder eine besondere Atmosphäre. Tun wir dies nicht, ändert das zwar nichts an der Qualität unseres Unterrichts. Wir werden es aber schwerer haben, uns vom Durchschnitt abzuheben. Getreu dem Motto „Nobody is perfect“ müssen wir nicht alles anbieten und es auch nicht jedem Recht machen. Es reicht, dass was wir tun besonders gerne und besonders gut zu machen. Dann werden mehr und mehr Schüler von uns begeistert sein und zu uns kommen.
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